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Lange Diskussionen für wenig
Nachdem ich davor noch einen anderen Termin hatte, kam ich etwas spät zum Integrationsausschuss, wobei ich allerdings nicht viel versäumte. Zu den Diskussionen über die Verpflegung bei den Einbürgerungsfeiern (ziemlich armselig) und neuen Städtepartnerschaften (die SPD hat eine weitere mit Besiktas Istanbul beantragt) hätte ich auch nur das sagen können, dass ohnehin fast alle anderen fanden. Was die Feiern betrifft, so soll – woher auch immer – noch etwas Geld für ein bisschen mehr als ein paar Salzstangerln und Erdnussflips locker gemacht werden und eine AG soll die bestehenden 21 Städtepartnerschaften überprüfen.
Die vorgestellte Arbeitsplanung des Integrationsbeauftragten wurde vorgestellt und ich bin beruhigt, dass er vermutlich nicht so bald mit einem Burn-Out in ein Sanatorium eingeliefert werden muss. Mögliche Themen für die nächste Sitzung mit Frau Lüke, der Beauftragten des Senats für Migration und Integration wurden vorgeschlagen und ziemlich lang über einen Besuch des Preußenparks diskutiert. Dass sich der Ausschuss dort einmal vor Ort umsehen soll, war ja nicht strittig, aber die Frage, wann das geschehen soll, schien etwas schwierig zu klären. An dem Tag, an dem nun ein Teil der Ausschussmitglieder dorthin gehen möchte, werde ich nicht in Berlin sein (die jährliche Frauensommerakademie der Rosa-Luxemburg-Stiftung) und also gelegentlich mal so in den Park gehen.
Integrationsausschuss mit viel Konsens
Da unser Bürgermeister zurzeit mit den beiden Stadträtinnen und Vertreter_innen der Fraktionen für eine Woche in Israel weilt – ich hätte auch mitkommen können, habe aber nicht die freie Zeit und vor allem: Flugangst – war diesmal Herr Engelmann für das Bezirksamt beim Integrationsausschuss.
Zu den Einbürgerungsfeiern gab es wieder einmal Kritik, diesmal an den Snacks. Diese teile ich, denn die paar Salzstangen und Erdnussflips, wie zuletzt, sind doch arg ärmlich und man bekommt nur Durst davon. Sicher, wir haben kein Geld. Wie wir uns da gleichzeitig eine 22. Partnerstadt – ein aktueller Antrag der SPD, der scheinbar breite Zustimmung findet – leisten wollen, ohne dabei die neue Freundschaft gleich zu gefährden, dürfte ein bisschen schwierig zu beantworten sein.
Der Bericht des Migrationsbeirats wurde vorgestellt, der ja schon am Montag auf der Tagesordnung gestanden hatte. Ebenso wurde auch wieder das Programm des Besuchs des Interkulturellen Rats aus Minden besprochen und die Einwände, dass die Termine am Samstag zeitlich sehr knapp würden, sind nicht ganz von der Hand zu weisen. Skepsis kam insbesondere beim Besuch der Bahnhofsmission auf, vor allem dahin gehend, ob diese denn überhaupt Zeit und Platz hätte. Als vorgeschlagen wurde, die Teilnahme am Fairen Frühstück zu streichen, wandte ich mich entschieden dagegen. Gerade an der Stelle gibt es Parallelen zu Minden – und außerdem werde ich dort sein 😉
Bei der Diskussion um den SPD-Antrag „Medien in die Flüchtlingsunterkünfte“ lernte ich wieder Neues. Die Bibliotheken in Charlottenburg-Wilmersdorf sind wohl die finanziell am schlechtesten ausgestatteten Berlins und betteln selbst um jede Spende. Ob es in den Flüchtlingsunterkünften überhaupt ein nennenswertes Interesse an ausrangierten Büchern gibt – fast alle davon in deutscher Sprache – sollte erst ermittelt werden, wie Herr Engelmann, allerdings mit einem Nebensatz, der mich wieder einmal aufregte, vorschlug. In der Sache hatte er allerdings recht und der Antrag wurde so umgetextet, dass jetzt erst eine BEdarfsprüfung erfolgen soll und das Bezirksamt über alle seine öffentlichen Kanäle die Bevölkerung bitten soll, geeignete Bücher (hier: auch in den Sprachen der Geflüchteten) zu spenden. Außerdem sollen gemeinsame Bibliotheksbesuche stattfinden, um den neu zu uns gekommenen Menschen dieses Angebot besser bekannt zu machen. Dass in die Änderung des Antrags, der anschließend ein einstimmiges „Ja“ erhielt, Vorschläge von mir miteingingen, freute mich doch sehr. Manchmal geht’s doch auch ohne Stimmrecht, dass sich etwas mitbewegen lässt und die verbrachte Zeit im Ausschuss ist doch nicht immer umsonst.
Dann war wieder einer unserer (= Piraten + LINKE.) Anträge an der Reihe: „Sexuelle Orientierung als Asylgrund bekannter machen„. Dabei gab es Einwände, dass doch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) zuständig wäre und auch bessere Möglichkeiten hätte. Auch Herr Engelmann machte einen Vorschlag, so dass ich ihm die unpassende Bemerkung von vor 10 Minuten glatt wieder verzieh. Holger Pabst und ich brauchten keine nennenswerte Beratung, um folgenden Text zu übernehmen:
„Das Bezirksamt wir ersucht, gegenüber dem LaGeSo
1. die Erstellung eines mehrsprachigen Informationsblattes für Asylantragstellende anzuregen, in dem darauf hingewiesen wird, dass ….
2. dafür Sorge zu tragen, dass dieses Informationsblatt in den Flüchtlingserstaufnahmeeinrichtungen ausgelegt wird.
Sollte das LaGeSo dieser Empfehlung nicht entsprechen, tritt das Bezirksamt dafür ein.“
Da dabei auch die Wohnheime in anderen Bezirken gewissermaßen miteinbezogen sind, entspricht der Antrag jetzt eigentlich noch mehr unserer Absicht. Die Welt endet ja schließlich nicht an den Grenzen Charlottenburg-Wilmersdorfs.
Der Antrag wurde ebenfalls einstimmig angenommen und ich hoffe sehr, dass das auch im Ausschuss für Soziales und Gesundheit der Fall sein wird.
Der auch sehr wichtige Antrag zur Weiterführung des Projekts der Frostschutz-Engel hatte diesmal irrtümlicherweise nicht den Weg auf die Tagesordnung gefunden, kommt aber gewiss beim nächsten Mal dran.
Beim Seelingtreff
Der Integrationsausschuss, diesmal beim Seelingtreff, war recht gut besucht und zog einige Gäste an. Das Thema Wohnungslosigkeit ist leider auch im Bezirk ein akutes und wird uns voraussichtlich und leider noch länger begleiten. Dass das so ist, stellt unserer Gesellschaft, in der sich die Schere zwischen reich und arm stetig weiter öffnet, ein ganz blamables Zeugnis aus.
Ich selbst kannte die Tagesstätte und ihre Arbeit ja bereits. Vier Hauptamtliche nebst gelegentlichen Praktikantinnen und Praktikanten sowie Ehrenamtlichen kümmern sich dort und beraten wohnungs- oder mittellose Männer und Frauen und leisten dabei gute Arbeit für im Durchschnitt 50 – 60 Gäste an den Wochentagen.
Angesprochen wurde auch die Tendenz, dass zunehmend mehr Besuchende aus Osteuropa bei Hilfestellen ankommen. Oft handelt es sich dabei um Menschen, die zur Arbeit nach Berlin gelockt und dann sich selbst überlassen werden. Hier gibt es zahlreiche Beispiele für übelste Ausbeutung der Arbeitskraft. Es sind auch Fälle bekannt, in denen Menschen einfach vor Notübernachtungen ausgesetzt wurden, anstatt angemessenerweise für deren Unterkunft zu sorgen. In all den Diskussionen der letzten Zeit über Menschenhandel wurde dieser Aspekt meistens viel zu wenig betrachtet.
Oft sind gerade hier die verschiedenen Hilfsprojekte überfordert und dafür gibt es die „Frostschutzengel“, welche in den Wintermonaten der Sprachmittlung dienen. In Charlottenburg-Wilmersdorf bieten sie feste Sprechstunden im Seelingtreff und bei der Bahnhofsmission an, um Menschen, meistens aus der EU, über bestehende Hilfsmöglichkeiten zu beraten. Im Notfall sind sie aber auch für Notübernachtungen, oft von Ehrenamtlichen rund um Kirchengemeinden betreut, ansprechbar.
Das Projekt mit seinen drei Mitarbeiterinnen ist rein stiftungs- und spendenfinanziert und kämpft praktisch um sein Weiterbestehen. Auch das ist ein Armutszeugnis für unsere Stadt.
Im Anschluss an die bewegenden Berichte der Vertreterinnen der Projekte gab Herr Naumann, der anschließend zu einer Veranstaltung der Deutschen Bank (wo es bekanntlich mehr als ausreichend Geld gibt) eilte, mehrere Termine bekannt, die hoffentlich im offiziellen Protokoll stehen werden – so schnell konnte ich dann doch nicht mitschreiben.
Ansonsten ging es um die Nachfolgeprojekte der Stadtteilmütter, wobei Frau Rouhani die mangelhafte Kommunikation zwischen Landes- und Bezirksebene beklagte.
Unser Integrationsbeauftragter erklärte, dass sowohl sein Jahresbericht wie auch die Jahresplanung des Migrationsbeirates noch nicht Korrektur gelesen, aber ansonsten fertig wären. Nachdem er nicht so recht von der letzten Beiratssitzung berichten konnte und Herr Naumann nicht mehr da war, improvisierten das Herr Huwe (CDU) und ich, wobei wir, glaube ich, nichts Wesentliches vergessen haben.
Ein wichtiger Termin im kommenden Monat ist der 21., der Internationale Tag gegen Rassismus, an dem es eine bezirkliche Veranstaltung zusammen mit dem Haus PANGEA geben soll. Die genaue Information soll noch kommen.
Im Hinausgehen habe ich mir übrigens erlaubt, eine (= die einzig vorhandene in all den Flyerständern) Broschüre einer evangelikalen Sekte auf Bosnisch-Kroatisch-Serbisch zur genaueren Lektüre mitzunehmen ….
Wohnheime für Asylsuchende und deren Anwohnende
Viel Aufregung gab es zuletzt schon im Klausenerplatzkiez um die mögliche Unterbringung von Flüchtlingen und manches, was da zu hören oder lesen war, hatte einen sehr unangenehmen Beigeschmack. Nachdem zwei der vorhandenen drei Wohnheime im Bezirk demnächst geschlossen werden, werden dringend neue Räumlichkeiten gebraucht. (Dass die Schließung des Wohnheims Rognitzstraße die Folge eines Versprechens von Herrn Wowereit an BMW, die nur unter dieser Bedingung ihre Zentrale dort um die Ecke bauen wollen, sein soll, machte nicht nur mich fassungslos.)
Darum ging es hauptsächlich im Integrationsausschuss, der heute im Büro des Wohnheims in der Brandenburgischen Straße stattfand. Nachdem auch etliche Anwohner_innen aus der Soorstraße den Weg dahin gefunden hatten, war es recht eng. Herr Engelmann berichtete von den Anforderungen des Senats an die Bezirke zur Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen. In der Tat hat gestern die Schlüsselübergabe für das Gebäude Soorstraße an den Träger GIERSO stattgefunden und für die Nachbarschaft soll eine öffentliche Anhörung dazu am 5. Juni stattfinden. Dass sich diese überrumpelt fühlt, ist verständlich, nicht jedoch, dass in der Gegend bereits Aufrufe zum Protest und Unterschriftenlisten gegen das geplante Wohnheim im Umlauf sind. Was die Anwohnerinnen und Anwohner an Befürchtungen und Vorurteilen vorbrachten, war teilweise haarsträubend. Sämtliche Ausschussmitglieder, die sich zu Wort meldeten, versuchten hier Bedenken auszuräumen. So auch Herr Engelmann (Musste dabei aber wiederholt das Wort „Unterschlupf“ fallen und die seltsame Betonung beim Hinweis, dass keine Roma in Charlottenburg-Wilmersdorf untergebracht werden?) und die Heimleiterin in zweiter Generation des Heimes Brandenburgische Straße, die von ihrem Haus und ihren Erfahrungen berichtete.
Es war schwer, nicht die Beherrschung zu verlieren angesichts von so viel Unwissenheit, Selbstsucht und gleichzeitiger Vorverachtung von Menschen, die noch niemand je getroffen hat. Natürlich ist da viel Angst vor Unbekanntem im Spiel, aber die muss doch nicht so weit gehen, dass Vernunft und Mitmenschlichkeit auf der Strecke bleiben. Ich habe mich ganz furchtbar zusammengerissen und nur versucht, den Leuten zu sagen, dass sie es doch mit Neugier versuchen sollen, weil sie sich sonst selbst da Leben vergällen, wenn sie nur vom Schlimmstmöglichen ausgehen, das nachher selten oder gar nicht passiert.
Was mich doch immer wieder verwundert ist, wie oft in diesem Land in Reiseführern, Dokumentationen und Geschichten Gastfreundschaft als besonders schöne und lobenwerte Tugend anderer Völker hervorgehoben wird und wie selten sie hier auch nur gedacht wird.
Eine Sache fand ich aber noch sehr befremdlich. Natürlich kostet die Unterbringung von Flüchtlingen die Bezirke Geld: für Betreuung, Gesundheitsversorgung, Kitas usw. Dass ihnen dieses erst nach zwei (!) Jahren vom Senat praktisch erstattet wird, ist alles andere als in Ordnung.
Senatorinnenbesuch im Pangea-Haus
Das Pangea-Haus ist noch lange nicht gesichert. Es stand ja letztes Jahr auf der Liste der zu verkaufenden Gebäude. Abgesehen davon, dass ich diese Veräußerungen von Bezirkseigentum für keine gute Idee halte, wäre es um das Pangea-Haus mehrfach schade. So ein Projekt gibt es nirgendwo und was es vollbringt, kann in Geld gar nicht ausgedrückt werden. Hier einen kurzfristigen, einmaligen Gewinn anzustreben und dann in der Folge etwas Großartiges zu verlieren und später viel mehr für etwas auszugeben, das die Vereine hier in ihrer Zusammenarbeit dem Bezirk praktisch schenken, ist nicht nur kurzsichtig, sondern Unfug.
Das habe ich auch Senatorin Kolat gesagt, die heute im Schnelldurchlauf das Haus besichtigte und dann zum Beirat kam. Alle Anwesenden konnten viele gute Gründe für den Erhalt des Hauses vorbringen und zumindest versprach uns Frau Kolat, fachliche Unterstützung für den Bezirk (was immer das genau bedeuten mag) und äußerte sich recht positiv über das Gesehene. Sie nannte das Haus auch als wichtigen Partner in den Bereichen Qualifizierung, Weiterbildung und Ausbildung und wies auf die neuen Förderrichtlinien ab 2014 für Migrantenselbsthilfeorganisationen hin. Hoffnung scheint also zu bestehen. Worauf wir nun alle auch gespannt warten, ist der Bibliotheksentwicklungsplan, den Herr Gröhler seit geraumer Zeit erstellt und dessen eventuelle Auswirkungen auf das Pangea-Haus. Alle Parteien sind aufgefordert, den Stadtrat zu fragen, wie es nun weitergehen soll.
Ansonsten wurde u. a. noch über zwei Bewerbungen um gerade leer stehende Räume gesprochen und mir fiel wieder auf, dass unser Bürgermeister nicht sehr nett zu Angestellten aus dem Rathaus zu sein scheint. Es ist nicht notwendig, auf den einzigen Tippfehler in einem dreiseitigen Text öffentlich hinzuweisen.
Einbürgerungsfeier in Charlottenburg
Zum ersten Mal fand die Einbürgerungsfeier im BVV-Saal im Rathaus Charlottenburg statt. Weil das Gebäude ja nun ein bisschen labyrinthartig ist, waren reichlich Hinweisschilder aufgehängt und vermutlich haben doch Alle den richtigen Ort gefunden.
Das Programm war teilweise gleich wie beim letzen Mal: Reden von Frau Stückler, Herrn Gröhler, Preisrätsel und Bundeshymne, wobei Herr Gröhler diesmal kein Wort über Fußball verlor und geradezu vorbildlich geschlechtergerechte Sprache benutzte und ich mit dem Text der Hymne die üblichen Probleme hatte. Wieso schafft es ein kleines Land, seine Hymne zu gendern, während Deutschland immer noch von „Vaterland“ und „brüderlich“ singt und keine Minderheitensprachenversionen (sorbisch, dänisch) kennt? Sollte das wider Erwartung mit dem Bundestag nach der Wahl im Herbst klappen, weiß ich schon, welchen Antrag ich auf jeden Fall einbringen möchte.
Statt Kinderchor mit Weihnachtsliedern gab es diesmal Flöten- und Gitarrenmusik von Johann Sebastian Bach und Theobald Böhme, wobei ich die Flöte an einigen Stellen ein bisschen herausfordernd fand. Eine kleine Überraschung war, dass es sich bei dem Gitarristen um den ehemaligen Musiklehrer einer meiner Töchter handelte, den ich aber nicht mehr erkannt hätte. Haare, wenn vorhanden oder eben nicht mehr, beeinflussen das Aussehen doch sehr.
Nach Auswertung der Quiz-Zettel zog Herr Engelmann aus den richtigen Antworten einen Gewinner eines Frühstücksbuffets in einem Hotel im Bezirk. Dass das nun ausgerechnet ein Mitglied der Seniorenvertretung war und dieses den Preis auch annahm, empfand, wie sich am Applaus hören ließ, nicht nur ich recht peinlich. Schade! Ansonsten war die Veranstaltung nett und die Gespräche mit den neuen Deutschen-Pass-Besitzenden mag ich sowieso. Dazugelernt habe ich ansonsten noch, dass der Fernsehturm 368 Meter hoch ist.
Im Haus Pangea
Der Integrationsausschuss ist sonst einer meiner liebsten und das Pangea-Haus ein interessanter Ort in unserem Bezirk. Heute hatte er ein bisschen was von dem, was wir in der Partei manchmal „traditioneller Sitzungssozialismus“ nennen. Statt Herrn Naumann, der sonst meistens für das Bezirksamt teilnimmt, kam diesmal Herr Engelmann, dessen Schwerpunkt (und Kenntnis) ganz offensichtlich nicht beim Thema Integration liegt.
Erst wurde die geänderte Fassung der „Richtlinien über die Verleihung des Integrationspreises“ besprochen und beschlossen. Dabei ging es nur darum, dass ab sofort sowohl ein Preis für Einzelpersonen als auch einer für Gruppen / Initiativen verliehen werden soll. Es wurde auch von der Beiratssitzung des Pangea-Hauses vom letzten Dienstag berichtet.
Richtig anstrengend fand ich dann die Besprechung der Beantwortung der Großen Anfrage der CDU zum Stand der Integrationsarbeit im Bezirk. Schon der erste Punkt füllte die gesamte restliche Sitzungszeit, wobei am Ende so gut wie nichts herauskam. Hauptsächlich ging es dabei um die Ankündigung, dass noch in dieser Legislaturperiode ein „Arbeitskreis Integration des Bezirkes“ initiiert werden soll. Wozu das noch? Eine weitere, mehr oder weniger Gesprächsrunde mit handverlesenen Vertreterinnen und Vertretern aus verschiedenen Migrant_innenorganisationen braucht eigentlich kein Mensch. Das Wort „Vernetzung“ fiel häufig und die kann es nur geben, wenn tatsächlich alle Gruppen und Vereine dabei wären und Themen nicht von oben vorgegeben werden. Ich musste da ein wenig an die damalige AG Frauenfußball denken, bevor sie vom BFV eingegliedert wurde und dahinsiechte. Da war nun wirklich alles, was weiblich war und einen Ball bewegte vertreten und es musste nicht ständig von Vernetzung gesprochen werden. Das Wort fällt für gewöhnlich umso öfter, je weniger die Sache existiert.
Neuer Beiratsname, eine wunderbare Frau, Feierfragen usw.
Sehr gespannt war ich, ob denn mein Antrag zum Namen des Migra….beirats inzwischen tatsächlich hinfällig geworden ist. Er wurde und ich habe mich sehr darüber gefreut, dass wir jetzt also einen „Migrationsbeirat“ haben.
Mindestens so interessant wie aufmunternd war die Vorstellung des Elternnetzwerkes für Eltern von Kindern mit Behinderung und Migrationshintergrund. Frau Yevtushenko berichtete von ihrer Arbeit und ich kann mir genau vorstellen, wie sie dabei den Schwerpunkt auf Stärkung der bei ihr Hilfe Suchenden legt und ich bin sicher, dass sie dabei viel Erfolg hat. Vor ihrer Ausstrahlung und ihrem Temperament müssen über kurz oder lang die meisten von ihr beschriebenen Schwierigkeiten und Hindernisse einfach zurückweichen. So ein Vorbild an Zuversicht trifft man nicht oft.
Einer der länger diskutierten Tagesordnungspunkte war ein nett gemeinter Antrag von Frau Pinkvoss-Müller (SPD) zur Gestaltung der Einbürgerungsfeiern. Ebenso wie sie war ich erst bei einer, damals im Dezember und war insgesamt eigentlich angenehm überrascht. Na ja, die Weihnachtslieder des Kinderchores hätten jetzt nicht ganz so religiös sein müssen; es gibt da doch eine große Auswahl in Deutschland mit sehr unterschiedlichen Hauptthemen. Der Antrag wünschte hier eine Art multikultureller Veranstaltung, was aber alle Anwesenden doch etwas zu weit gehend empfanden. Klar, bei der Musik wird es immer – und wie überall – entgegengesetzte Auffassungen geben. Da es sich aber um eine Feier für Leute handelt, die sich viel Mühe gemacht haben, die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen, was ja bekanntlich alles andere als leicht ist, erwarten sie mit großer Wahrscheinlichkeit auch irgendetwas Deutsches bei der Gelegenheit. Ich habe auch versucht die möglichen „Fettnäpfchen“ aufzuzeigen, in die der Bezirk bei Einbeziehung von Beiträgen diverser Kulturen in bester Absicht geraten könnte – und davon drohen ziemlich viele. So werden sich, möglicherweise unter Lebensgefahr geflohene, Angehörige irgendeiner Minderheit vermutlich nur wenig über ein Lied der Mehrheitsgesellschaft ihres Herkunftsstaates begeistert sein. Und dass die deutsche Bundeshymne, im Gegensatz zur österreichischen, so unerfreulich ungegendert ist, liegt leider nicht in der Verantwortung der BVV. Frau Stückler, die die Feiern organisiert und deshalb extra gekommen war, beschrieb auch, dass jeweils nur rund 500 € für eine Einbürgerungsfeier zur Verfügung stehen, was die Gestaltungsmöglichkeiten ohnehin einschränkt.
Insgesamt waren sich schließlich alle einig, dass der Migrantenbeirat um eine Stellungnahme gebeten werden soll und der Antrag ansonsten an den Ausschuss für Bürgerdienste usw. weitergeleitet wird.
Ansonsten gab’s noch ein paar Terminankündigungen und Kurzinformationen und Herr Stapf von der Bürger Uni Klausenerplatz stellte sein Projekt vor.
Warum unser Bürgermeister die ganze Zeit über so „befindlich“ (= sein Wort) war, hätte ich gerne gewusst. Am neuen Namen des Migrationsbeirats, der ihm ja so gar nicht gefiel, wird es hoffentlich nicht gelegen haben.
In Charlottenburg-Nord
Charlottenburg-Nord mit seinen Teilen (in der Statistik auch Planräume genannt) Jungfernheide, Plötzensee und Paul-Hertz-Siedlung unterscheidet sich doch ziemlich vom Rest des Bezirks. Oft fällt das Wort „sozialer Brennpunkt“, das ich aber nicht mag, denn es ruft alle möglichen unerfreulichen Vorurteile auf und wird den Menschen, die dort leben keineswegs gerecht.
In der Helmuth-James-von-Moltke-Schule, in der sich der Integrationsausschuss traf, gab es auch niemanden, der ansatzweise in solche Klischees passte. Von der Schulleiterin, der Leiterin der Schulstation, Vertretern von Jugendclub und Elternprojekt und anderen sehr engagierten Personen erfuhr man von bestehenden Schwierigkeiten, aber noch viel mehr von Bemühungen und Erfolgen, die ihre beständige Arbeit im Stadtteil, zusammen mit dessen Bewohner_innen, kennzeichnete. Viele gute Ideen wurden vorgestellt und auch Wünsche, insbesondere an die BVV und den Bezirksbürgermeister gerichtet, geäußert. Dabei ging es vor allem darum, auch die nötigen Mittel für all die vorhandenen Initiativen und Projekte zu erhalten und nicht noch mehr Sparzwängen zum Opfer zu fallen. So gibt es zum Beispiel keine Stadtteilmütter mehr in Charlottenburg-Nord, mit deren Einsatz auch da sehr gute Erfahrungen gemacht wurden. Zu Recht wurde darauf hingewiesen, dass manche aktuelle Ersparnis, gerade bei Kindern und Jugendlichen, zu sehr hohen Folgekosten führen kann. Meine Rede – und diese Erkenntnis, die ja auch ganz leicht nachzurechnen ist, sollte sich doch nun wirklich langsam herumsprechen.
Eine seltsame Sache war in dem Zusammenhang, dass es seit diesem Monat eine Stadtteilkoordination für ein Jahr geben solle. Dies ist eine verkleinerte Version von Stadtteilmanagement, was wiederum eine kleinere Variante des Quartiersmanagements darstellt. Dieses wurde vom Stadtplanungs- und vom Jugendamt nach einer Ausschreibung an einen freien Träger aus Tiergarten vergeben, wobei die in der Gegend bereits Aktiven überhaupt nicht einbezogen worden sind, was doch ein wenig Befremden hervorrief. Die Bezirksverordneten baten jedenfalls um einen Tätigkeitsbericht dieser Stadtteilkoordination zu einem baldigen Zeitpunkt.
Beiräte, (Nicht-)Fraktionen, Extremismen usw.
Mit leicht benebeltem Kopf und direkt aus dem Bett, das ich seit gestern hütete, kommend, wollte ich den Integrationsausschuss unter keinen Umständen versäumen. Unser Antrag (ursprünglich von den Piraten und mir) sollte heute schließlich zur Abstimmung kommen.
Zuvor wurde die Veranstaltung zur Verleihung des ersten bezirklichen Integrationspreises im Dezember allerseits gelobt, auch die dort gepielte Musik – irgendwas mit Jazz. Diese Richtung scheint in letzter Zeit ziemlich populär zu sein und ich hoffe dringend auf eine neue Mode. Ob es dieses Jahr schon eine andere geben wir, ist ungewiss. Vermutlich wird es aber diesmal so sein, dass zwei Preise verliehen werden, einer für Einzelpersonen und einer für Gruppen bzw. Institutionen, was für eine etwas bessere Vergleichbarkeit der Vorgeschlagenen sorgen dürfte.
Weil sich auch Bezirksbürgermeister Naumann mit einer Erkältung quält, wurden seine Berichte höflicherweise vorgezogen. Dabei ging es zum einen um die Besetzung des neuen Migrantenbeirats, ein Name, der mich unwiderstehlich zu einem Antrag auf geschlechtergerechte Benennung reizt. Ich kann mir schließlich kaum vorstellen, dass es eine Männerrunde werden soll und wenn Bezirksamt und BVV, gerade angesichts der aktuellen öffentlichen Sexismusdebatte, nicht von selbst darauf kommen, dann müssen sie eben immer wieder hingewiesen werden, dass Diskriminierung und Ausgrenzung auch über Sprache stattfinden. Diese zu beseitigen, ist einfach und kostet nicht mehr als ein bisschen Respekt und Einfühlsamkeit und ist also von keiner Haushaltssperre oder Koalitionsvereinbarung eingeschränkt.
Neben 15 Vereinen sind beratend im Beirat auch der Bezirksbürgermeister, die Vorsitzende des Integrationsausschusses, der Integrationsbeauftragte und Delegierte der BVV-Fraktionen vertreten. Nur der Fraktionen, nicht der in der BVV aktiven Parteien! Das betonte Herr Naumann extra und auf unnötig wenig freundliche Weise, so dass sich an der Stelle Herr Huwe (CDU) mit ungewohnt lobenden Worten für mich und meine Präsenz im Beirat einsetzte. Na gut, Gäste sind zugelassen und wenn es sich machen lässt, werde ich auch am 19. März bei der konstituierenden Sitzung vorbeischauen.
Das werde ich bei der ersten Versammlung des Beirats des Pangeahauses vom Termin her nicht schaffen. Auch hier ging es um die Zusammensetzung und wieder betonte Herr Naumann, dass die Fraktionen jemanden entsenden können. Nachdem er auch bei der Verteilung eines Zettels dazusagte, dass er für die Fraktionen und Bürgerdeputierten wäre, wurde ich später darauf angesprochen, dass mich unser Bürgermeister „wohl nicht mag“. Ein bisschen ausgegrenzt habe ich mich in der Tat gefühlt und das gerade auf einem Themengebiet, das mir (und auch meiner Partei) besonders wichtig ist.
Dann kamen die Anträge zur Dokumentation rechtsextremistischer und linksextremistischer (der CDU) Gewalttaten an die Reihe. Die Diskussion dazu war recht lebhaft, besonders nachdem die CDU beide Anträge zusammenfassen wollte und anscheinend die Unterschiede nicht verstehen konnte und zur Argumentation gleich noch die RAF, seit Jahren seligen Angedenkens, heranzog. Homophobie und Sexismus scheinen da auch nicht sehr vertraute Begriffe zu sein. Herr Pinkawa äußerte sogar die Befürchtung, unser Antrag würde sich gegen Deutsche richten. O weh! Am Ende erhielt unser Antrag die Zustimmung der Mehrheit, jener der CDU endete Unentschieden und vermutlich wird da noch eine Debatte in der BVV folgen.
Ansonsten wurde noch der Antrag „Gemeindedolmetscher stärken“ einstimmig beschlossen. Der Verein „Georgisches Haus in Berlin“ stellte sich kurz vor. Weiterhin erfuhr der Ausschuss, dass es im Bezirk 254 Integrationsprojekte und -vereine gibt, die Herr Cakmakoglu gerade nach und nach besucht – und dass Herrn Pinkawas Frau aus Polen kommt.