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Ausschuss- und Rathaus-Hopping
Eigentlich hätte ich mich ja diesmal dreiteilen müssen, denn irgendjemandem hatte es gefallen, auch noch den Migrationsbeirat parallel zu den Ausschüssen für Kultur und Weiterbilding sowie Straßen- und Grünflächen zu terminieren. Sehr ärgerlich!
Also, erst Kultur im Rathaus Charlottenburg:
Hier ist Frau König die Vertreterin des Bezirksamts und wie ich erfahren, gibt es in „ihren“ Ausschüssen Kaffee. Das ist sehr schön, dummerweise habe ich mir vorher extra einen gekauft.
Linda Behrendt, die Vorsitzende verschiebt für mich die Tagesordnung, damit ich so schnell wie möglich ins andere (ehemalige) Rathaus komme.
Als erstes kam der Regina-Jonas-Antrag dran, der nach dem letzten Gender-Ausschuss eigentlich kaum noch was mit dem zu tun hat, was ich da eigentlich haben wollte. Immerhin wirde er in dieser Form einstimmig angenommen und nur ein grüner Bürgerdeputierter meinte, dazu noch eine längere Begründung liefern zu müssen.
Zur Umwidmung von Witzlebenplatz und -straße wollte Frau Dr. Timper erst rechtverbindlich wissen, ob es sich dabei um eine Umbenennung oder Umwidmung handeln würde. Weil dazu auch Frau König erst einmal das Rechtsamt konsultieren muss, wurde der Antrag vertagt. Also muss ich demnächst noch einmal die Begründung vortragen.
Alle Anträge im Zusammenhang mit den einstmals vorgesehenen Umzügen in Schmargendorf (Hort Haus B, Musikschule, Bibliothek usw.) wurden „durch Verwaltungshandeln erledigt“ erklärt und ich dankte Frau König extra für ihr schnelles ud kreatives Handeln. Ehre, wem Ehre gebührt.
Ins Rathaus Wilmersdorf kam ich erst, als Marc Schulte schon dabei war, die Mitteilungen der Verwaltung zu verkünden.
Die CDU wollte anstelle des Hagenplatzes den Platz „Am Bahnhof Grunewald“ in Karmielplatz umbenennen. Zum Glück wurde das nicht gleich entschieden. Da möchte ich doch gerne noch einmal nachdenken. Zum einen ist das genau der Platz, den ich doch Regina Jonas zugedacht hatte und diese automatische Verknüpfung der deportierten jüdischen Menschen mit dem Staat Israel verursacht mir spontan ein gewisses Unbehagen.
Das Spielplatzsaierungsprogramm kann 2015 wie vorgesehen durchgeführt werden. Vorgesehen sind dafür die Spielplätze Pfalzburger Straße, Goethestraße, Sömmeringstraße und die Fertigstellung des Klausenerplatzes. Sie haben es mehr als nötig und sind damit nicht die einzigen.
Es gab auch die Baumfällliste und eine Liste der „Verteilung der Unterhaltungsmittel 2015“. Dabei geht es um Instandhaltungen von Straßen, Brunnen, Gehsteigen (wenn z. B. Wurzeln den Belag durchbrechen, nach Unfällen oder sonstigen Notfällen) usw.
Ebenfalls wurde ein Zettel verteilt, wonach im Rahmen eines Pilotprojekts die Pflege von Mittelstreifengrün von der BSR übernommen wird. Bisher wird diese Aufgabe zwischen Grünflächenamt und BSR aufgeteilt, was nicht immer gut funktioniert. Die Stadtreinigung hätte in Zukunft wohl gerne den offiziellen Auftrag zur dauerhaften Pflege. Deshalb ist das jetzige Angebot gratis. Ansonsten dürfte die Leistung dreimal so viel wie zurzeit kosten. Hoffen wir, dass die erheblich besser gepflegten Flächen den Menschen so angenehm auffallen, dass sie entsprechendes Feedback geben. Dann wäre mit dem Senat zu verhandeln, ob es nicht mehr Geld für die Grünflächenämter gibt oder das Land Berlin, dem die BSR gehört, die Finanzierung gleich selbst übernimmt.
Bedenken gab es, dass unter Umständen Personal im Grünflächenamt reduziert würde oder das gesparte Geld an irgendwelchen Stellen versickern könnte.
Die Bank auf Stelzen im Jungferheidepark wurde von Krafttrainingsleuten herausgehoben und mittlerweile von Bezirksamtsangestellten wieder eingegraben.
Der Weihnachtsmarkt vor dem Schloss Charlottenburg wurde wegen des verlangten Eintritts an Samstagen, was nicht Teil der Genehmigung war, ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 Euro angedroht. Ein Eintritt ist nicht zulässig und ggf. wird mit der Polizei dafür gesorgt, dass keiner genommen wird.
Einer der Veranstalter des Weihnachtsmerktes war zwar anwesend, sagte erstaunlicherweise aber nichts.
Es gibt wohl einen Wunsch, eine Straße oder ähnliches nach der Erfinderin der Currywurst zu benennen.
Anlässlich einer Beobachtung letztlich in der Pfalzburger Straße stellte sich die Frage, ob es Diebstahl wäre, wenn Holz eines gefällten Baums mitgenommen wird? Ja, denn der Baum ist Eigentum des Bezirks.
Weil der Ausschuss ziemlich pünktlich Schluss machte, konnte ich gleich noch zurück ins Rathaus an der Otto-Suhr-Allee zu einer erneuten Buchvorstellung zu „140 Jahre Standesamt“ fahren und bei der Gelegenheit das Verwaltungsinformationszentrum (Raum 200e), eine Art alter Bibliothek, kennenlernen.
Kein Kaffee, ein Antrag und hässliche Schilder
Der schöne runde Tisch im Büro von Frau Stückler ist wirklich ein bisschen zu klein für eine Ältestenratssitzung und deshalb fand das Treffen heute im Gertrud-Bäumer-Saal statt. Dieser ist aber leider etwas zu weit von der nächsten Kaffeemaschine entfernt. Schade!
Wie immer wurde die Tagesordnung der nächsten BVV besprochen und es wurden die eingegangenen Großen Anfragen und Anträge kurz durchgesehen und an die diversen Ausschüsse oder direkt in die Sitzung verteilt. Dabei war auch mein Antrag zur Umbenennung der Straße „Am Bahnhof Grunewald“ nach Regina Jonas. Nachdem ich nun schon mal ein bisschen falsch zitiert worden war, herausgefunden hatte, dass die weltweit erste Rabbinerin von den Nazis eben vom Bahnhof Grunewald aus nach Theresienstadt deportiert worden war – ein ziemlich beschämender Bezug zu unserem Bezirk, da ja die Anwohnenden alle paar Tage mitbekommen mussten, was sich in ihrer Umgebung abspielte – und mich die Frau mit jedem Text, den ich inzwischen von ihr oder über sie gelesen hatte, mehr faszinierte, war ich fest überzeugt, dass ein Weg in Offenbach und die Gedenktafel in Mitte für die Würdigung von Regina Jonas keinesfalls ausreichen. Das fanden auch die jüdischen Genoss_innen, mit denen ich darüber sprach und ich hoffe sehr, dass es gelingt, dass die überfällige Ehrung in unserem Bezirk stattfindet. Die Piraten sind dem Antrag gleich beigetreten und nun geht er an die Ausschüsse für Weiterbildung und Kultur, Gender-Mainstreaming und Tiefbau und Grünflächen. Bis zur endgültigen Entscheidung kann es also dauern. Dabei wäre es mir ein Herzenswunsch, dass die jährlichen Gedenkveranstaltungen im Herbst diesmal am bzw. beim Regina-Jonas-Platz stattfänden.
Es wurde ansonsten noch über die letzte BVV, die ja erstmalig wieder im Rathaus Charlottenburg tagte, gesprochen und welche Verbesserungen im und rund um den Saal gewünscht werden. Es ging da um die Sitzordnung, Rauchverbot auf dem Balkon, Toiletten, das Catering usw. Bei der Gelegenheit musste ich unbedingt meinen Unmut über die Hinweisschilder zu den Büros der Verordneten loswerden. Nicht nur, dass ich es doch sehr gerne hätte, dass meine Partei darauf erwähnt wird; so wie sie beschriftet sind, sehen sie einfach furchtbar aus. DIE LINKE. (fraktionslos) böte ein viel harmonischeres Schriftbild als das, was sich da irgendjemand ausgedacht hat. Bestimmt waren die Schilder teuer, aber spätestens bei der nächsten Beschriftung im Rathaus sollte da unbedingt noch einmal überlegt werden.
Gedenken an die Pogromnacht vom 9. November 1938
Nicht zum ersten Mal nahmen wir an der traditionellen Gedenkveranstaltung am Gleis 17 beim S-Bahnhof Grunewald teil. Sie wird von Schülerinnen und Schülern des Gottfried-Keller-Gymnasiums und der Landespolizeischule sowie vom Bezirksamt veranstaltet.
Ein Schweigemarsch folgt dem letzten Abschnitt des unfreiwilligen Weges zahlreicher Berliner Opfer des Nationalsozialismus, insbesondere Jüdinnen und Juden, zum berüchtigten Gleis 17, von wo aus sie deportiert wurden. Am Mahnmal findet eine Kundgebung statt, bei der diesmal unser neuer Bürgermeister Naumann in seiner Rede hauptsächlich an den im April verstorbenen Zeitzeugen und Mitinitiator der Veranstaltung, Isaac Behar, erinnerte, dessen Eltern und Schwestern von hier aus nach Riga ins Verderben geschickt worden waren.
Es ist immer besonders bewegend, von den Geschichten einzelner Menschen zu erfahren und ich frage mich regelmäßig, wie ich mich unter ähnlichen Umständen verhalten hätte. Einerseits ist da die Vorstellung, wie es gewesen wäre, Opfer zu sein – nach Nazi-Kriterien hätten die Mitglieder meiner Familie jeweils entweder als „Kommunisten“ oder „Zigeuner“ oder „Asoziale“ gegolten. Und ohne diese Stigmata? Im Nachhinein ist es billig, die Überzeugung zu pflegen, man wäre aufmerksam gewesen, hätte sich in jeder Situation menschlich korrekt verhalten oder Widerstand geleistet. Ehrlicherweise können wir nur hoffen, aber keinesfalls garantieren, dass wir jederzeit das Richtige getan hätten.
Gedenkveranstaltungen dieser Art sollten uns auf jeden Fall zu denken geben und zwar nicht nur an die Vergangenheit. Sie sollen uns ständig ermahnen, auch heute ganz genau hinzusehen und hinzuhören, was um uns herum geschieht – und rechtzeitig einzugreifen, wenn sich Menschenverachtung breitmacht und geistige Brandstifter unterwegs sind. Als Bezirksverordnete stehen wir da in besonderer Verantwortung, zu verhindern, dass sich Rechtsextremismus und -populismus in Charlottenburg-Wilmersdorf zu Hause fühlen. Erst sind es, wie in diesem Jahr bereits geschehen, hässliche Aufkleber und Plakate, Geschäfte mit bei Neonazis beliebter Kleidung oder Versammlungen einschlägiger Organisationen.
Stellen wir uns bereits da entschieden dagegen und warten wir nicht bis es, wie vor 73 Jahren, im Bezirk brennt oder Blut fließt!